Tiergeschützte Pädagogik

Was bedeutet tiergestützte Pädagogik: Tiergestützte Pädagogik wird von professionellen Pädagoginnen und Pädagogen oder gleich qualifizierten Personen angeleitet. Die TGP ist eine zielgerichtete, geplante und strukturierte Intervention mit dem Ziel, die Entwicklungs- und Lernprozesse im sozialen und kognitiven Kompetenzbereich zu fördern. Sie wird entweder in Einzel- oder Gruppenarbeit durchgeführt. Der Fokus liegt auf akademischen Zielen, auf prosozialen Fertigkeiten und kognitiven Funktionen. Fortschritte werden gemessen und dokumentiert (IAHAIO, 2018).

Wir legen bei unseren Angeboten der tiergestützten Intervention den besonderen Fokus auf Achtsamkeit. Die Achtsamkeit ist eine Haltung des differenzierten Bewertens und der differenzierten Teilnahme. Die Arbeit unter Berücksichtigung dieser Haltung wirkt meist leicht, spielerisch, lebendig, befreiend und oft auch erheiternd. Sie kann darüber hinaus auch existenzielle und spirituelle Erfahrungen ermöglichen. Wesentliche Werte der Idee der Achtsamkeit sind existenzielle Wahrheit und Freiheit. Achtsamkeitspraxis in der Natur ermöglicht so auch eine ökologische Einsicht, die uns Menschen durch die Biophilie-Hypothese besonders leichtfällt. Wir können weiterhin einfühlsamer werden und unseren Horizont erweitern, z.B. indem wir ein anderes Zeitgefühl entwickeln, unsere persönliche Bedeutung realistischer einschätzen oder Dankbarkeit und Verbundenheit mit der Natur entwickeln. Diese Entwicklung kann ihrerseits zu mehr Wohlbefinden, Gesundheit oder gar Glück führen. Etwas Einfacheres, als einfach nur da zu sein, lässt sich im menschlichen Leben kaum finden oder denken.

Achtsamkeit wird nur dann schwierig, wenn wir sie unnötig beschränken, z.B. auf unsere inneren Prozesse, Gedanken oder Körperempfindungen oder wenn wir ausschließlich schwierige Übungen vorschlagen, wie z.B. Nicht-denken oder komplizierte Bewegungsabläufe. Im Alltag lässt sich Achtsamkeit oft nur schwer umsetzen, weil die gesellschaftlichen und persönlichen Kontexte kompliziert sind. Der gesellschaftliche Gegenwind im Sinne von Zeitmangel, Überforderung, Beschleunigung und Reizüberflutung ist erheblich. Achtsamkeit erfordert nicht viel, aber doch etwas Zeit und eine Zwecklosigkeit. Oftmals bewegen wir uns in der Natur, allerdings verfolgen wir dann auch ein bestimmtes Ziel: Erholung, Wohlbefinden, Selbstfindung oder wirtschaftliche Überlegungen wie Energiegewinnung oder Ernährung. Während wir achtsam in der Natur sind, verfolgen wir solche Ziele nicht, wir wollen einfach nur in der Natur sein und schauen, was geschieht, in der Natur und mit uns.

Die verschiedenen Angebote wirken individuell und vielschichtig. Neben der Anregung der körperlichen Erfahrung über die vestibuläre, propriozeptive und kienästhetische Wahrnehmung sowie der Thermorezeption und der Schärfung der Sinnesorgane (visuell, taktil, akustisch, olfaktorisch und gustatorisch) sollen auch die sinnlichen Erfahrungen angeregt werden. Die Verbesserung motorischer Fertigkeiten sollen gefördert werden. Sozio-emotionale (Empathie) und sozio-kognitive (Selbstwirksamkeit) Fähigkeiten sollen unterstützt werden. Der Fokus kann auf einem oder allen Sinneskanälen liegen: mit den Augen können die Tiere beobachtet werden, die Ohren hören das ruhige Mahlen beim Kauen des Heus, die Haut wird von den Pferdehaaren oder vom Wind berührt, mit den Füßen erfassen wir die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit und in unsere Nase steigt der Duft der Pferde und des Heus. Die Klienten bewegen sich in den unterschiedlichsten Positionen z.B. beim Putzen des Bauchs oder der Beine. Das körperliche Spüren kommt bei Hitze und Kälte, Wind und Regen hinzu. Unser Körper hat nicht weniger zu bieten: Freude und Lust, Lebendigkeit, das Gefühl des Atmens, das Wahrnehmen der Körperbewegungen, das Pulsieren des Herzens und der Gefäße, Schwitzen, Erschöpfung oder Kraft, schmerzende Gliedmaßen, Schwere und Leichtigkeit, Berühren und Berührt-werden (Huppertz & Schatanek, 2021). Alle Erfahrungen und Wahrnehmungen sollen in einer synästhetischen Weise erfahren werden.